Sonntag, 28. Juli 2013

Walker Evans: Decade by Decade











alle Fotos: Walker Evans


Walker Evans: Decade by Decade von James Crump, Hatje Cantz (2012)
http://www.hatjecantz.de/controller.php?cmd=detail&titzif=00002491
James Crump, der Kurator des Cincinnati Art Museums, präsentiert den Katalog zu einer Ausstellung in seinem Haus, die vom 12.06.2012 bis zu 05.09.2013 das einmalige Schaffen der Fotografieikone Walker Evans (1903-1975) unnachahmlich dokumentiert. 
Die Weltbedeutung des Werks von Evans beruht auf den Fotos der Armut während Großen Depression in den 30er Jahren der Vereinigten Staaten. Seine Arbeiten aus der Zeit danach fanden bislang keine ausreichende Beachtung, sie bedurften endlich einer Neubewertung/Revision. Die bislang weitgehend unbekannte Privatsammlung von Clark & Joan Worswick lieferte zahllose einzigartige Bilder und fungiert als wichtigster Leihgeber. 
Diese Monografie widmet sich endlich dem Gesamtwerk, es werden nicht bekannte und selten gesehene Aufnahmen gezeigt - in brillanter Druckqualität (auf 150 g/qm-LuxoArt Samt New). Außerdem die letzten Bilder, die Evans in den 70er Jahren mit einer Polaroid SX-70 anfertigte. So fehlen die gewohnten Meisterwerke aus dem Kanon der Kunstgeschichte, aber viele Überraschungen machen das Buch so ansehnlich. Wobei mich nicht alles überzeugt, wie z.B. einige Porträts.
Die deutsche Texte eröffnen interessante Aspekte zum Wirken Walker Evans' (die englischsprachigen kann ich nicht bewerten, da ich sie nicht verstehe): 
Die Größe der Fotografie lebte 1955 sehr zurückgezogen, zeitweilig mittellos und der Trunksucht verfallen, obwohl er zwanzig Jahre zuvor schwer von der Kunstwelt gefeiert wurde. Für Kunsthändler und Kuratoren schien er nicht mehr zu existieren. Selbst das MoMA, wo seine Karriere in den 30er Jahren begann, ignoriere Walker Evans konsequent, wobei er daran aber nicht ganz schuldlos war: Die Arbeiten des neuen Kurators für Fotografie Edward Steichen bezeichnete er als "eine auf Abwege geratene Fotografie", dessen legendäre Ausstellung "The Family of Man" lehnte er als "sentimentale Fotografien der Menschheitsfamilie" ab, er titulierte Steichen gar als "Werbefritze"... 
Der 52-Jährige arbeitete zu der Zeit für das Magazin Fortune, eine Tätigkeit, auf die er nicht sonderlich stolz war. 
Dort suchte ihn der junge, talentierte John Szarkowski auf, um seinem "Gott der Fotokunst" eigene Arbeiten vorzustellen. Diese Begegnung sollte Folgen haben... 
1962 übernahm der weitgehend unbekannte Szarkowski völlig überraschend die Sammlung Fotografie des MoMA in New York. 
In diesem Zusammenhang möchte ich auf einen allgemein bekannten, aber seltener ausgesprochenen Sachverhalt hinweisen. Museen und Galerien konstruieren mit dem Künstler, oft gegen seine eigene Intention, Bedeutung und Wert eines Kunstwerks! Und Kritiker knüpfen an diesen Prozess an. D.h. einfach, dass die öffentliche Bewertung eine nachdrückliche Rolle für das Verständnis einer Schöpfung spielt, nicht nur die vom Künstler geschaffene Arbeit selbst. 
Szarkowski und Evans waren enge Freunde geworden. Meister Evans, ein vollendeter Gentleman, war sich offensichtlich nicht zu fein, einen gewissen Opportunismus in seine professionellen Beziehungen einfließen zu lassen, wechselseitiges Geben und Nehmen war eine gute Möglichkeit, seine Ziele zu verfolgen. Mit seinem Schutzpatron am Ruder des Maßstäbe setzenden MoMA konnte er positiv in die Zukunft blicken, Szarkowski proklamierte leidenschaftlich die Vormachtstellung seines Helden. Und Evans war für die allgemeine Aufmerksamkeit mehr als bereit, er initiierte eine Art Werbekampagne, die seinem künstlerischen Schaffen zu höchstem Ruhm verhelfen sollte. 
John Szarkowski organisierte 1971 eine Einzelausstellung mit 202 Fotografien in seinen heiligen Hallen. Bemerkenswert ist jedenfalls, dass er glaubte, die wichtigsten Aufnahmen Evans' sind 1935/36 entstanden. Diesen berühmten Motiven aus achtzehn Schaffensmonaten folgten Bilder von minderer Qualität, die von wenig Inspiration zeugen. Aus der Zeit nach 1940 werden nur 33 Exponate gehangen. Natürlich verärgerte diese Einschätzung den Lichtbildner kolossal, zumal er beständig an den gleichen Themen arbeitete. 
Der Kurator meinte: "Es ist schwer festzustellen, ob Evans das Amerika seiner Jugend dokumentierte oder ob er es vielmehr erfand. Die Arbeit hat eine Kraft, uns von etwas zu überzeugen, das in Wirklichkeit niemals existierte." 
Die epochale Ausstellung wurde am 26.01.1971 eröffnet. 90 Gäste - die damalige Kunstwelt war in N.Y. erschienen, und der Champagner floss in Strömen... 
Es gab aber auch kritische Stimmen, Sammler waren verstört, da die (von Herrn Dow gefertigten) Neuabzüge so wenig den Originalen entsprachen - "uniforme Abzüge eines Fotolaboranten". Dazu muss man wissen, dass Walker Evans die Dunkelkammerarbeit verachtete, er zeigte häufig schlampig gefertigte Bilder, die mitunter für Bücher auch beschnitten wurden. 
Aufgrund finanzieller Schwierigkeiten veräußerte er bis 1974 sein Archiv und alle Originalabzüge. Mittlerweile gab es nämlich die ersten Sammler für Fotografie. 
Jedenfalls war das Ansehen von John Szarkowski und Walker Evans fortan eng miteinander verknüpft. Der Fotograf geriet in der späten Lebensphase auf Erfolgskurs und das Ansehen Kurators stieg immens, da er einen Außenseiter ins Rampenlicht stellte. 

John Szarkowski: "Das Gewöhnliche ist es wert, betrachtet zu werden, ebenso wie der Mut, dies mit einem Minimum an theoretischem Überbau zu tun."       
 
Der Bildband ist zurzeit vergriffen und könnte bei mir ausgeliehen werden.

Samstag, 27. Juli 2013

"Leben über den Wolken"

Foto: Jabs


Ein Bericht über vier Eremiten im Schweigekloster Santa Maria de Lord in den Katalanischen Pyrenäen:
http://videos.arte.tv/de/videos/leben-ueber-den-wolken--7594268.html

"Wenn du denkst jemand zu sein, hast du noch nicht begonnen, dich zu wandeln. Erst wenn du begreifst, dass du nichts bist, beginnst du, jemand zu sein. Je kleiner du dich siehst, desto mehr wirst du wachsen." 
"Machst du eine gute Knoblauchsuppe, machst du eine gute Meditation." 
"Wenn du bei allem, was du tust, dein ganzes Wesen einbringst, dann kostest du das Leben in jedem Moment aus. Man muss nichts Großes tun, man muss es einfach mit Liebe tun."
"Wenn du dich nur vom Verstand leiten lässt und nicht alles von dir in jedem Moment involviert ist, wenn du mit deinem Sein zu einseitig umgehst, dann zerbricht dein Wesen in viele Teile und du kannst wichtige Facetten deines Seins nicht mehr erfahren und auskosten." 
"Es geht um Vollständigkeit und Einklang deines gesamten Wesens, denn das verschafft dir Gleichgewicht." 
Nur wenn du das Unmögliche, das Unermessliche anstrebst, wirst du erfüllt sein, weil du es niemals ganz erreichst."

Dienstag, 23. Juli 2013

Sibylle Bergemann






alle Fotos: Sibylle Bergemann

Sibylle Bergemann: "Photographien", Edition Braus
http://www.gosee.de/news/shop/edition-braus-sibylle-bergemann-new-oriental-style-3710#.Ue54x910WRo

Ein Bildband von 2008, der das Lebenswerk einer inzwischen verstorbenen großartigen Berliner Fotografin in hervorragender Weise präsentiert - ein imposanter Querschnitt des Schaffens. 
Mehr sollte man dazu nicht sagen. 

Anmerkung: Die reproduzierten Polaroids werden im Gegensatz zu allen anderen Bildern als "Lackdrucke" gezeigt.

Samstag, 20. Juli 2013

OL "Die Mütter vom Kollwitzplatz"




alle Zeichnungen: OL

"Die Mütter vom Kollwitzplatz" von OL
Vom "Stadtteilhauskarikaturisten" OL ist ein hervorragendes neues Büchlein erschienen (LAPPAN 2013)! 
Vorwort: Annett Gröschner. Gedruckt wurde auf sehr schönem Papier - übrigens in China... 
Den Lesern der Berliner Zeitung sind viele Geschichten bekannt - seit 1997 kann man sie aus dem wöchentlichen Magazin sammeln. 

Der Titel ist etwas irreführend, denn in dem Band sind auch Zeichnungen anderer Serien zu sehen (Jürgen der Trinker, Die Väter vom Helmholtzplatz, Die Mütter vom Kirchplatz). 
Jedenfalls ist dieses Buch eine Augenweide und bereitet ungezügeltes Vergnügen auf allen Seiten. Ein fulminantes Potpourri von aufmerksam beobachteten und genial gezeichneten Szenen vom geliebten Kollwitzplatz. Die zugezogenen aalglatten Mütter vom touristenüberschwemmten und übertrieben mystifizierten Herzen des Prenzlauer Bergs werden überhöht entlarvt. Übrigens wird diese Käseglocke typisch berlinerisch verniedlichend "Kolle" verschrien. 
Morgens sind Straßen und Bürgersteige schwer passierbar. Typen, die aussehen, als ob sie "was in Medien machen", geleiten kleine Gruppen von Kindern, die neben dem Schulrucksack auch Futerale für die Tennisschläger und Geigenkästen schleppen müssen, zur Schule - Kinder sind Projekte! Konvois von Kinderfahrrädern jagen über Trottoirs. Interessant zu beobachten, wenn um 9 Uhr Busse in verschiedene Waldkindergärten abfahren. Die Prinzessinnen werden theatralisch tränenreich verabschiedet (sie kommen um 13 Uhr zurück), dann schmeißen die Vatis die Golfausrüstung betont lässig in den Kofferraum ihres Audis. 
Überall muss man Obacht geben, nicht von hochmodernen Kinderwagen (es gibt unverhältnismäßig viele Zwillingskutschen) überrollt zu werden, die von mehr als selbstbewussten und verdammt gutaussehenden Zeitgenossen vorgeführt werden.   
In der Gegend gibt es keine alten Leute!

Anmerkung: Das ist die Meinung eines in den Achtzigerjahren aus der Provinz Zugezogenen. Und damals war wirklich alles ganz, ganz anders... 

Donnerstag, 18. Juli 2013

Schwerer Verlust für die SG Thomsdorf 1976

Prenzlauer Zeitung 25.04.2013

SG Thomsdorf 1796 in der Prenzlauer Zeitung vom 25.04.2013.
Wie soll die Thomsdorfer Elf denn das nächste Heimspiel gegen Germania Lychen ohne die geklauten Pausengetränke (sechs Kästen!) überstehen? 
Wenn Ines Markgraf sorgfältig gearbeitet hätte, wäre diese uckermärkische Sportgemeinschaft 217 Jahre alt... Aber das stimmt nicht, da passierte ein Zahlendreher: Der Verein wurde 1976 gegründet!

Landesgartenschau 2013 Prenzlau

Prenzlauer Zeitung 20./21.04.2013