Foto: Jabs |
Was gibt es an einem kalten Freitagabend im Februar Besseres zu tun als mit seinem Filius ein Konzert zu besuchen, wenn sich die isländische Combo Sigur Rós die Ehre gibt?
Vor dem Tempodrom machte ich eine unerwartete Beobachtung: Ein außerordentlich gut gekleidetes, anscheinend wohlsituiertes Ehepaar sammelte emsig Pfandflaschen ein.
In der beizeiten rappelvollen Halle tat eine Vorgruppe ihren Dienst: Ein Mann spielte wohl ein Tonband mit sphärischen Geräuschen ab.
Pünktlich um 21 Uhr begann eine zweistündige elegische Musikreise der großartigen vier Jungs von der nordischen Vulkaninsel.
Zuschauer aller Altersgruppen verfolgten eine optisch interessante Präsentation. Auf einen vor der Band gestellten durchscheinenden Vorhang wurden Schattenspiele der Musiker projiziert, der dann von einem anderen hinter der Band ersetzt wurde, dort faszinierten bewegte visuelle Effekte. Unter anderen sah man Ausschnitte eines Animationsfilms der Schwester Jónsis zu einem Thema Sigur Rós'.
Musikalisch eröffneten die mit drei Streichern und drei Bläsern verstärkte Formation mit den Liedern der aktuellen Langspielplatte Valtari. Da war mir vieles zu gewollt dramatisierend und nicht so richtig verständlich. Mal glaubte ich anfänglich ein Kinderlied zu hören, dass nach einer kurzen Pause mit einem Donnerschlag fortgeführt wurde.
Bald entfachte die Gruppe aber ein gewohntes, erwartetes Soundgewitter. Altbekanntes prägt eine treffliche, mystische und stimmige Inszenierung. Eine schier unglaubliche kreative Gewalt zieht den geneigten Zuhörer in ihren Bann, die diszipliniert und scheinbar unaufgeregt dem Treiben auf der Bühne lauschen. Auch die Fans im Stehblock flippen nicht gerade aus. Ein Sitzkonzert lässt überschäumende Begeisterung kaum zu.
Hervorragend fand ich den (als Hausmeister arbeitenden?) Schlagzeuger, der nur klar trommelnd und trotzdem antreibend agiert. Gekrönt wird der gewaltige Vortrag vom sirenengleichen Falsett des die Gitarre geigenden charismatischen Sängers. Ein Höhepunkt gelingt, wenn Jónsi in das Mikrofon seiner Gitarre singt und den Schlusston gefühlte fünf Minuten hält.
Das Konzert findet ein furioses und wahrlich ohrenbetäubendes Ende. Es gelingt ohne eine Begrüßung oder eine einzige Ansage - Sigur Rós lassent ihre Kunst sprechen, die Bandmitglieder werden durchaus uneitel mit instrumentalen Soli vorgestellt.
Nach dem Schlussakkord eines wunderbaren Abends scheint die kommende Nacht einfach in Ordnung zu sein.
Traurigkeit kann so schön sein...
Hier einige Impressionen des Auftritts der beeindruckenden Männer vom 22.02.2013 in Berlin:
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