alle Fotos: Diane Arbus |
Bis zum 23.09.2012 ist eine gewaltige Retrospektive im Martin-Gropius-Bau zu sehen:
DIANE ARBUS (1923-1971)
"Eine Fotografie ist wie ein Geheimnis eines Geheimnisses. Ja mehr sie erzählt, desto weniger erfährt man." (Diane Arbus)
In Berlin werden ca. 200 Bilder von Diane Arbus gezeigt, man spricht über sie als eine "Schlüsselfigur der Kunstgeschichte" des 20. Jahrhunderts. Und ihr "Aperture Monograph" gilt zu Recht als eines der meist verkauften Bücher in der Historie der Fotografie.
Sehr interessant: Die Ausstellung ist weder chronologisch noch thematisch geordnet. Jedem Bild wird in seiner eigenständigen Kraft vertraut.
Die meisten der Silbergelantineabzüge stammen aus der Hand der Künstlerin (die anderen Abzüge machte Neil Selkirk). Allesamt sind sehr sorgfältig gefertigt, auf wunderschönem, weichem Papier abgezogen (bevorzugtes Format: 27,9x35,6 cm) und bestechen so durch brillante Qualität.
Der Rundgang beginnt mit Ikonen der New Yorkerin, die viele Motive in ihrer Heimatmetropole fand. Dann wechseln sich Räume mit sehr unbekannten Fotografien und mit den berühmten Bildern ab. So begutachtet man Szenen mit sensationellen Transvestiten, Nudisten, Jahrmarktsdarstellern, geistig Behinderten, Zirkusartisten oder seltsamen Zeitgenossen und dann wieder mit Menschen auf der alltäglichen Straße des Lebens. Diese scheinbar nebensächlichen Blicke auf das Normale machten tieferen Eindruck auf mich. Die sich andauernd schminkenden Transvestiten in verhuschten Garderoben waren mir zu viel. Und immer wieder halten dicke Kinder, alte Frauen mit komischen Masken oder Behinderte ihr Antlitz bereitwillig in die Kamera. Dabei will ich anmerken, dass Diane Arbus keinen Menschen bloßstellt, alle Fotografierten wahren ihr Gesicht.
Den den beiden letzten Räumen ist eine Dokumentation von Leben und Wirken der Diane Arbus gewidmet. Sie entstammt einem reichen Elternhaus, hat früh eine Familie gegründet und gemeinsam mit ihrem Ehemann begann die berufliche Karriere als Modefotografin. Zeitlebens waren finanzielle Sorgen treuer Begleiter. Ihr Tod war Selbstmord, nachdem sie viele Jahre unter schrecklichen Depressionen litt.
Zeitungsausschnitte, Kontaktbögen, persönliche Tagebuchaufzeichnungen und ihre Bildbände werden neugierigen Blicken preisgegeben und sind treffliche Denkanstöße. Wissenswertes erfährt man auch zur technischen Ausrüstung. Vor 1962 arbeitete die Frau mit einer Nikon Z - also mit Kleinbild, dann mit einer Weitwinkel-Rolleiflex - mit Mittelformat, später mit einer Mamiyaflex C 33 und ab 1971 mit der Pentax - im Negativformat 6x7 cm.
Am Rande: Die Klimaanlage des Martin-Gropius-Baus funktioniert in diesem launischen Sommer bestens. Auch der Besuch der Fotoschau ist ausgezeichnet. Und das wird zum Problem. Man wird durch die Ausstellung geschoben, kann nicht lange genüsslich vor den Bildern verweilen. Aber ich probierte eine Strategie, die wenigstens einigermaßen funktionierte: Mit dem Schluss des Bilderreigens beginnen und sich dann zum Anfang hin vorarbeiten. Bei dem hier angewendeten speziellen Ordnungsprinzip ist das kein Wagnis.
Die Fotos von Diane Arbus haben mich traurig gemacht. Aber es gibt ja diese wohlige Melancholie, die Spannung für die kommenden, hoffentlich glücklichen Tage erzeugt.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen