Mittwoch, 11. Januar 2012

Gundula Schulze Eldowy








alle Fotos: Gundula Schulze Eldowy 



Galerie c/o Berlin, Oranienburger Str. 35/36, Berlin-Mitte, tgl. 11-20 Uhr, bis 26.2.2012, 10 € (erm. 5 €) Eintritt

Gundula Schulze Eldowy 
"Die frühen Jahre 1977-1990"


Ich erinnere mich noch an die erste große Fotoausstellung von Gundula Schulze 1983 (noch ohne Doppelnamen) in der Lichtenberger Galerie Sophien 8, die ziemliche Aufregung verursachte, da Bilder abgehängt werden mussten. 
Jetzt werden die Werke im ersten Stock der so wichtigen Berliner Galerie c/o gezeigt. 
(Im Erdgeschoss sieht man Bilder des Prominenten-Paparazzo Ron Galella.) 
Die Bilderschau in "der Turnhalle" ist nichts für zarte Gemüter: Hier finden schockierende Farbfotos ihren Platz. Sie zeigen schamlos Missgeburten, Schlachthofszenen, Totenbilder, Entbindungen, Krankenhauserlebnisse. Gundula Schulze Eldowy ging tabulos weiter, wo andere längst aufhörten zu fotografieren. 
Wunderbar daneben der Hinterhof mit dem Kind im Engelsgewand oder die Rennbahnbesucher in Dresden. Einige mir unbekannte Motive waren zu entdecken. 
Sehr interessant ist der Dokumentarfilm "Das Bild bin ich" von Ludwig Metzger (WDR) aus dem Jahr 2001 (nicht wie angegeben von 2011). Fast eine Stunde wird die Fotografin porträtiert, sie erzählt, ohne Fragen oder Kommentare, über ihre Fotografie. Das birgt natürlich latent die Gefahr in sich, dass man sich selbst etwas beweihräuchert. Jedenfalls ist viel über ihr Leben und die Hintergründe ihrer Arbeit zu erfahren. Grandios ist eine Einstellung mit der uralten Tamerlan im Pflegeheim: Das Gesicht der vom Schicksal gepeinigte Greisin wird von der Filmkamera Gundula Schulze Eldowys abgetastet. Lange und beinharte Nahaufnahmen der immensen Falten des Antlitzes - bis Tamerlan in Tränen ausbricht. Bemerkenswert erscheint mir, dass neuere Fotografien den Fokus stärker auf den Inhalt als auf die Überschrift legen.
Einige Aspekte des Werks der mit Preisen überhäuften Protagonistin wurden dem passionierten Kinogänger bereits 2006 in der Dokumentation "Ostfotografinnen" von Pamela Meyer-Arndt nahegebracht. 
Noch älter war ein Porträt von Helke (nicht Heike, wie im Postfuhramt angezeigt) Misselwitz. 1983 wurde der Schwarzweißkurzfilm "Aktfotografie z.B. Gundula Schulze" gedreht, der hier läuft. 
Unglaublich beeindruckend die alten und allseits bekannten Schwarzweißmotive zu den Serien "Tamerlan" und "Berlin in einer Hundenacht". Solche Aktfotos gab es z.B. in der Vorstellungswelt dieses sozialistischen Volkes noch nie zuvor. Schillernde Typen aus Ostberlins Mitte in der tiefen, ach so grauen DDR. Die umtriebige Frau zog diese Menschen vom Rand der Gesellschaft magisch an und hatte nie Scheu, diese auch in ihrem Umfeld abzulichten. Dabei entstanden auch tiefe menschliche Beziehungen, die sie pflegte. 
Mir waren die Themen immer einen Hauch zu spektakulär, zu sensationell (wahrscheinlich weil ich mich nie getraut hätte, auf diese Menschen zuzugehen). 
Es werden schöne Silbergelantineabzüge aus der "ORWO-Zeit" (neudeutsch nennt man das "Vintage Prints") präsentiert.     

Gundula Schulze Eldowy erfährt zurzeit gebührende Anerkennung in Berlin! 
Zwei Ausstellungen können im Bundestag angesehen werden.   
Der Lehmstedt Verlag veröffentlichte zwei Bildbände: 
Farbbilder in "Der große und der kleine Schritt": http://www.lehmstedt.de/eldowy_schritt.htm
Schwarzweißaufnahmen in "Berlin in einer Hundenacht": http://www.berlin-ineinerhundenacht.de/.

Ein Interview mit der außerordentlich selbstbewussten und groß gefeierten Künstlerin:

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen