Sonntag, 24. März 2013

"Nachtzug nach Lissabon"

Foto: Jabs



Zuerst freute ich mich schon monatelang darauf und hatte dann wahrlich Angst davor, die Verfilmung des so geliebten Romans "Nachtzug nach Lissabon" von Pascal Mercier im Kino anzusehen. 
Scheinbar haben sich schlechte Kritiken herumgesprochen, denn die besuchte Vorstellung sahen wenige Leute. 

Bille August drehte mit außerordentlich vielfältiger finanzieller Unterstützung und einem Ensemble von Starschauspielern diesen Streifen. 
Bekanntlich sind Literaturverfilmungen immer ein diffiziles Unterfangen... 
Selbstverständlich erzählt der Film eine andere Geschichte als das Buch. Die Magie des Romans geht schwer verloren. Es war mir großer Genuss, die zwar philosophisch aufgeladenen und tiefgründigen, dennoch ungemein interessanten und melancholischen Gedanken des Helden zu verfolgen. Der einsame, liebenswerte Außenseiter lebt einen Traum aller fühlenden Menschen: Wie wäre es, wenn man sich im Schicksal verlieren könnte, wenn der Lebensweg ungeahnte Wendungen nehmen würde. Gelingt der Ausbruch aus dem quälenden Alltag? 
Der Regisseur Bille August stellt andere Themen in den Vordergrund. Liebesgeschichten, politische Verwicklungen dominieren. Die Charaktere sind mir zu holzschnittartig, die Handlung zu vorhersehbar. Regelrecht ärgerlich empfand ich die kaum vertuschte Werbung für (die Automarke) Mercedes. Auch das in allen Kritiken gesungene Loblied auf die Schönheit der Stadt Lissabon verhallt in mir. 
Emotional am stärksten berührten mich die Einstellungen, die der literarischen Vorlage am nächsten kamen. 
Die schönsten Szenen waren die leisen, scheinbar nebensächlichen Liebeserklärungen an das Lesen und das Schreiben. 

Vielleicht nimmt man den Kinobesuch zum Anlass, ein Lieblingsbuch erneut zu lesen. 

Pascal Mercier in "Nachtzug nach Lissabon": 
"Ist es so, dass alles, was wir tun, aus Angst vor Einsamkeit getan wird? Ist es deswegen, dass wir auf all die Dinge verzichten, die wir am Ende des Lebens bereuen werden? Ist das der Grund, weshalb wir so selten sagen, was wir denken?"

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