Sonntag, 10. März 2013

Tomi Ungerer

Foto: Jabs

"Angst ist nötig, um Angst zu überwinden!"
Ein nachdenkenswertes Gespräch von Christina Bylow mit dem vielseitigen Künstler Tomi Ungerer, aus dem ich Auszüge anmerke...  
In seiner Kindheit begriff er den Struwwelpeter (Die Geschichte von den schwarzen Buben) als Lehrstück über alltäglichen Rassismus. Einige seiner Bücher erscheinen makaber - in "Monsieur Racine" guckt ein blutender abgeschnittener Fuß aus dem Tragebeutel eines Tippelbruders heraus. Ungerer meint dazu: "Ein Auto hat einen Extra-Reifen, und so muss ein Landstreicher auch einen Extra-Fuß haben."  Verschiedentlich sah er sich auch dem Vorwurf der Frauenfeindlichkeit ausgesetzt - Originalzitat: "Eine Frau ist etwas, das man um den Hals trägt." Aber der gebürtige Elsässer vertritt vehement die These, dass es bei aller Fantasie auch eine Wirklichkeit geben muss. 
Interessant ist für mich seine Überzeugung, dass man sein Wiegenfest (oder den Jahreswechsel) nicht feiern sollte. "Der Geburtstag ist der schlimmste Tag des Jahres... Wieso muss  ich dieses und jenes feiern? Nein, wenn ich einen Freund treffe, den ich für ein Jahr nicht gesehen habe, dann wird richtig gefeiert." Sein Umgang mit "einfachen" Menschen ist umkompliziert. Probleme hat er mit "Universitätsgurken", die zu mehr als 90 Prozent aus Wasser bestehen. Und in New York unterhielt er sich über den Gartenzaum hinweg mit seinem damaligen Nachbarn Bob Dylan.  
Seit einigen Jahren lebt Tomi Ungerer in Irland, dort züchtete er schon ein Herde mit 600 Schlachtschafen.  
Er kritisiert alle politischen Diktaturen, deren Basis die Gier nach Macht und danach, alles besitzen zu wollen. Heutzutage haben sich die Vorherrschaften verändert, es existiert eine elektronische Diktatur. Alle hängen nur noch am Rechner und Mobiltelefon. Es wird zu wenig gelesen. Kenntnisse bleiben nur, wenn man sie liest. Ungerer weiß, das er ein literarischer Mensch ist, der sich übrigens auch für die Paläontologie begeistert. Was nur vorübergehend auf einem Schirm wahrgenommen wird, bleibt nicht. Wegen der rasant voranschreitenden Klimakatastrophe würde er heute nicht mehr gern Kinder in die Welt setzen, da diese das Ende des Jahrhunderts wohl nicht mehr erleben würden.     
Jetzt malt der 81-jährige Autor und Zeichner morgens von sechs bis zehn Uhr. Er weiß um sein Alter: "Jetzt habe ich nicht mehr genug Zeit und Energie." 
Immer mehr Wert legt der Mann, der mehr als 150 Bücher veröffentlichte, auf Ideen des Humanismus: "Nichts lohnt sich mehr als der gute Wille und die Freundlichkeit. Freundlich sein, das ist, als öffne man einen Wasserhahn, und dann fließt der Mensch."      

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