Ulrich Seidl "Paradies Liebe" 2012
In wenigen Filmtheatern wird der erste Teil der Paradies-Trilogie Ulrich Seidls noch zum Besten gegeben. Dieser Regisseur gibt ja oft mit seinen Produktionen ohne ausgetüfteltes Drehbuch Anlass zu gründlichen Diskussionen.
Der Streifen erzählt eine Geschichte einer 50-jährigen Wienerin, die als Sextouristin nach Kenia fährt. Die Hotelanlage ist abgesperrt und wird schwer bewacht, hinter Absperrseilen warten die Schwarzen auf Geschäfte mit Touristen.
Selbstverständlich sei den Frauen dieser Spaß unbenommen, zumal viele die große Liebe suchen. Eine moralische Bewertung kann niemand abgeben. Es geht auch um das Hinterfragen eines zeitgenössischen Schönheitsideals, das von Jugend und Schlankheit (und ggf. kosmetischen Korrekturen) beherrscht wird.
Interessant, dass zuerst ein Beachboy anscheinend ein Liebender ist, und die Österreicherin das Abenteuer sucht. Richtig lustig, wie sie ihrem Gigolo in einer geradezu bizarren Szene ein Lehrstunde im Fach "Liebesspiel als zärtliche Annäherung an eine (reife) Frau" erteilt.
Natürlich steuert die Handlung bald in eine traurige Richtung. Die Afrikaner wollen einfach nur das Geld der reichen Europäerinnen und erfinden dafür hanebüchene Elendsstories. Mir schien erstaunlich, wie die Protagonisten (großartig: Margarethe Tiesel!) allein durch die Vorstädte wandert, auch in der Nacht.
Ganz grotesk ist die Einstellung als vier liebestolle Weiber einen einheimischen Burschen als Geburtstagsgeschenk (mit Schleifchen um den Penis) für eine letztlich wenig erotische Party engagierten. Man sieht die Macht des Geldes, hier mal von Frauen über Männer!
Die Kopie, die ich sah (Hackesche Höfe), war irgendwie von verwaschener Farbigkeit. Die Untertitel waren oft kaum lesbar. Für meinen Geschmack dominierten die Totalen zu sehr, im Zentrum wurden so oft die bildwichtigsten Personen. So überkam mich mitunter Monotonie.