Mittwoch, 28. September 2011

"Le Havre"

Foto: Jabs

Aki Kaurismäki wieder in Bestform. 

Die Lobeshymnen der Kritiker sind so berechtigt! 
Nach so vielen traurigen Geschichten erzählt der geniale Finne nun leichtfüßig eine Komödie als Märchen.

Kaurismäkis bekannte charismatische Schauspieler entwerfen wahrlich tolle Bilder auf der Leinwand. Der Kamera gelingt das auch durch selten in einer solchen Vielzahl gesehene grandiose Nahaufnahmen von Gesichtern (sogar des Hundes)! Wie konsequent gearbeitet wurde erkennt man auch daran, dass der Schmutz unter den Fingernägeln von André Wilms sichtbar ist.   
Wundervolle Musik trägt die Handlung mit (wunderbare französische Chansons, schöne alte Rocknummern und ein brillanter Rock-n-Roll-Auftritt eines "Little  Bob"). 
Die Dialoge wirken richtig gestelzt. Zusammen mit der monotonen Sprachmelodie (man kann die Originalfassung wärmstens empfehlen) erscheint manches sehr ironisch und steigert die märchenhafte weil unwirkliche Stimmung.
Der Streifen beginnt ganz gemächlich und fast langatmig. Als dann klar wird, dass die Hauptfigur ein so guter Mensch ist, steigert sich das Tempo enorm. Sensationell mit welchem Mut, beeindruckender Energie und Chuzpe der Schuhputzer die Rettung seines unfreiwillig zugelaufenen Zöglings angreift.  
Ich musste schmunzeln: Alle Weingläser werden in einem Zug geleert. Oder wenn der Arzt der anscheinend todkranken Patientin Mut machen will: "Es gibt oft auch Wunder", dann antwortet die ach so blasse und dennoch fabelhafte Kati Outinen lakonisch: "In meinem Viertel nicht..." Ihr lesen Freundinnen im Krankenhaus Franz Kafka-Geschichten über Menschen vor, die nicht zu schlafen brauchen - weil sie Verrückte sind. 
Ich habe auch geweint, denn einige melancholische Schicksale ergriffen das Herz. Unsäglich triste Einstellungen aus dem Krankenhaus. Und der Junge hat dort einen phänomenalen Auftritt! Das Mitgefühl mit den Schicksalen der afrikanischen Flüchtlinge war grenzenlos. 
Immer erwartet man, dass der Kriminalpolizist doch noch umfällt und die Flucht vereitelt. 
Aki Kaurismäki singt dankenswerterweise ein Hohelied auf die Freundschaft und Solidarität. Wohl deshalb erscheint der Film wie ein Märchen. 
Der kitschige Schluss funktioniert, da dieses Happy End so nicht erwartet werden konnte.             

Vielleicht erinnert dieser Film ein bisschen an das Meisterwerk "Das Leben der Boheme".

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