Mittwoch, 30. November 2011

Billy Bragg

Foto: Jabs

Einer meiner Lieblingssöhne machte mich darauf aufmerksam, dass man sich die alten Rockpalast-Konzerte ansehen kann! 

Ein Kleinod aus dem Jahr 2009... 

Nach Jobs als Plattenverkäufer, Schafhirte, Pudelfriseur (!) und kurzzeitig Soldat wurde Billy Bragg Punk-Musiker. 
Ewig eiferte er dann seinem großen Vorbild Woody Guthrie nach (großes Kino: http://www.youtube.com/watch?v=XaI5IRuS2aE).
Diesen britischen Rock-Barden (und Westham-Fan) konnte man schon zu unseligen DDR-Zeiten feiern ("Festival des politischen Liedes"). 
Dazu trug entscheidend sein stetiges politisches Engagement für die britische Arbeiterklasse bei (http://www.youtube.com/watch?v=UJfgsG9Wgas&feature=related)
Ich erinnere mich an brillante, ewig lange Ansagen zwischen den Songs (siehe Rockpalast-Video) , die ich, meinem miesen Englisch geschuldet, schlecht verstand. Sprachkundige übersetzten mir die Texte. 
 

Wunderbare Musik -  Levi Stubbs' Tears: http://www.youtube.com/watch?v=I4v8VJ0LRgA 
und Between The Wars: http://www.youtube.com/watch?v=xjUA3RU4B8E&feature=g-vrec
Klasse sein ironisches Bekenntnis in "New England":
http://www.youtube.com/watch?v=mgwU4zCEJtY
„I don't want to change the world
I'm not looking for a new England
I'm just looking for another girl.“ 

Dienstag, 29. November 2011

Ronald Reng

Das schönste Fußballstadion der Erde in Buenos Aires

Ich freue mich sehr, dass der hochverehrte Lieblings-Fussi-Journalist (und Autor) einen bedeutenden Preis erhält!


Agenturmeldung 28.11.2011:
Ronald Reng erhält William Hill Award

Große Ehre für den deutschen Sportjournalisten Ronald Reng: Im Rahmen des 23. William Hill Award in London wurde er in der Kategorie "Sportbuch des Jahres" ausgezeichnet.
Die Biografie "Ein allzu kurzes Leben" über Robert Enke war zusammen mit sechs weiteren Titeln in der Endauswahl nominiert, die Jurymitglieder entschieden sich aufgrund der mitfühlenden und detaillierten, aber gleichzeitig sensiblen und aufrichtigen Schreibweise für Rengs Werk.
Damit gewinnt den Award (dotiert mit 32000 britischen Pfund) erstmals ein ausländisches Buch, dass zudem zum Zeitpunkt der Jury-Entscheidung nur als nicht veröffentlichte Übersetzung vorlag. Mittlerweile ist "A life too short" auch in in der übersetzten Form im englischen Yellow-Press-Verlag erhältlich.
Preisträger Ronald Reng zeigte sich nach der Auszeichnung gerührt: "Ich kann nicht viel sagen. Ich bin unglaublich stolz und zugleich emotional überollt. Ich hätte nie damit gerechnet, jemals überhaupt eine Nominierung für den William Hill Award zu bekommen!"
Der William Hill Award ist die Welt älteste und bedeutsamste Auszeichnung in der Kategorie Sportbücher.
(1992 gewann Nick Hornby mit "Fever Pitch".)

Montag, 28. November 2011

Kalenderpause


Kalender 2012: 
Es gäbe wieder eine, zugegeben sperrige, Zwischenlösung (für altgediente Kalenderfreunde): 
Für den Zeitraum vom 1.1.2012 bis zum 28.2.2012 könnte der Fußballkalender 2006, "Drei Ecken Elfer", aufgehängt werden. Am 29.2. hätte man Muße, den Uckermarkkalender "Heimat ist da, wo Erinnerung sich auskennt" rauszukramen, der in einer geringen Auflage erschien. Dieser könnte vom 1.3. bis zum 31.12.2012 vorzügliche Dienste verrichten. 

Sonntag, 27. November 2011

Casper

Foto: Jabs


Ein Konzert des energiegeladenen Casper in Bielefeld (hier hat der bekennende Arminia-Fan ein Heimspiel!).

Zitat: "Wenn Liebe blind macht, will ich nie wieder seh'n."
Es freut mich, dass dieser furiose Typ schwitzt wie ein Sportler. 

Welch ein aufrüttelnder und unbeschreiblich dynamischer Vortrag... 
Der Anfang ("Der Druck steigt") ist bildgewaltig: "Wir holen zurück, was uns gehört!" 
Klasse, wenn er im Interview bekennt, dass er trotz seines Geldsegens (wegen der gut verkauften Platten) im Alltag weiter asketisch lebt. 
Höhepunkt des Konzerts ist selbstverständlich: "Hin zur Sonne" ("Da, wo dich Engel tragen im Licht").
Großes Kino: "Unzerbrechlich"! 

Sehr gewundert habe ich mich, dass der Rapper "dahin geht, wo es wehtut" - in eine TV-Sendung mit einem Shanty-Chor... Und einer doch etwas nervenden, sich immer anbiedernden Ina Müller (3:45 - 8:45): 

Mittwoch, 23. November 2011

W. Eugene Smith








Fotos: W. Eugene Smith


Martin-Gropius-Bau, Niederkirchnerstr. 7, 10963 Berlin, 10-20 Uhr (Dienstags geschlossen), nur noch bis 27.11.2011!: 
Retrospektive W. Eugene Smith 

Hat man einen stattlichen Obolus von 8 € entrichtet, wird dem Besucher des Gropius-Baus ein wahren Augenschmaus geboten.
Prächtige Abzüge (Silbergelantine) in eleganten Rahmen in diesen picobello Räumen. Die Fotos haben angenehme Formate, endlich keine allgegenwärtige Mega-Prints. 
Eine klar gegliederte Retrospektive: 
"Spanisches Dorf" - Frühe wunderbare Bilder. Die Gesichter sind umwerfend! Sujet sind immer wieder "einfache" Menschen. Eine Ikone der Kunst: "Die Totenwache"! 
"Hebammen" in South Carolina und ein "Landarzt" in Colorado werden bei ihrer Arbeit begleitet. Aussagekräftige und mitfühlende Fotos des Mediziners! Einige wenige Male irritierte mich auf den Aufnahmen zusätzliches (künstliches) Licht. 
Faszinierende Porträts von Albert Schweitzer sieht man zum Thema "Ein Mann der Barmherzigkeit". Interessant, dass der Künstler den Auftrag schon beenden wollte, da A. Schweitzer rigide (und eitle) Einschränkungen durchzusetzen gedachte. Nach Androhung der Abreise aus Lambaréné lenkte Schweitzer doch noch ein. Und dann entstanden solche Werke. 
1971-73 reiste Smith nach Japan. Mit der Reportage "Minamata" wurde auf eine schreckliche Umweltkatastrophe verwiesen. Ein Chemiewerk verseuchte Meerwasser, und die darin vergifteten Speisefische führten zu fürchterlichen Erkrankungen der Anwohner. Eine Pieta der Fotografie wühlt die Seele des Betrachter für ewig auf! Das Mädchen Tomoko in den Armen seiner Mutter darf nicht veröffentlicht, aber in der Ausstellung gezeigt werden... Für diese Möglichkeit lohnt der Gang in diese Präsentation schon. 
In der Abteilung "Pittsburgh" gilt es viele originale Kompositionsskizzen für das Layout anzuschauen. 
"Verschiedenes" kündigt die letzte Überschrift an. Ikonen der Fotografie schließen einen Rundgang ab. Sensationell: "Der Weg ins Paradies" und zwei Varianten von "Wahnsinn"!       
Schön ist, dass immer die Kontaktbögen zu den Serien zu bestaunen sind. Beeindruckend sind die ausgelegten Journale, die zeigen, wie die Essays letztendlich gedruckt wurden.   
W. Eugene Smith (1918-1978) gilt als Großmeister des Fotoessays. 
Die Kuratorin E. Vigano überschreibt die Fotoausstelllung mit dem Zitat: "Besessenheit ist der Beweis für den Widerspruch zwischen dem Ich und der Welt." Smith war besessen, besessen von Perfektion. Er wollte die Realität dokumentieren, und die Emotionen, die die Wirklichkeit ausstrahlt, in Bilder fassen. Dabei trieb ihn das Ansinnen, Gesamtkunstwerke zu schaffen. Die Entwürfe für seine journalistischen Bilderstrecken sollten gekennzeichnet sein durch eine geniale Einheit von Schrift, Bild und Layout. Keine Zeitungsredaktion genügte seinen Ansprüchen. Obwohl das Magazin Life, für das er 1946 bis 1954 arbeitete, ein einzigartiges Konzept praktizierte: Die Beiträge bestanden hauptsächlich aus Fotos (mit ausführlichen Bildunterschriften). Da die Veröffentlichungen in den Zeitschriften nie seinen Entwürfen entsprachen, schloss er sich später der legendären Agentur Magnum an. Diese berufliche Perspektive sollte ihm ermöglichen, freie Arbeiten anzufertigen. 
Er wollte einen Bilderbogen der Stadt Pittsburgh erarbeiten. Das Projekt endete in einem Desaster. Smith hatte sein Honorar zügig für Drogen ausgegeben und finanzierte seinen Auftrag nun mit dem eigenen Geld - zum Leidwesen der Familie. Alkohol und Tabletten waren seit einer Kriegsverletzung 1945 ständiger Begleiter des Fotografen. Rauschgift half ihm, seine tiefe Trauer zu ertragen, die entstand, da er wegen seines hohen Anspruchs nie mit den gedruckten Veröffentlichungen zufrieden war. 

Interessant erschien mir, dass die Auswahl mit dem Motto "Realer als die Realität" zusammengestellt ist. Dann erfährt der aufmerksame Beobachter aber, dass Mister Smith auch mal bei seinen Motiven manipulierte...   

Der Katalog zur Berliner Präsentation wird für 29 € feilgeboten. 
Ich weiß nicht, ob die Ausstellung verlängert wird - also sputen, wenn man diese Schau noch sehen will.

http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=ku&dig=2011%2F10%2F31%2Fa0098&cHash=a29667919f

Dienstag, 22. November 2011

Dokumentation über Talente von Borussia Dortmund im TV

Foto: Andreas Gursky


Do., 1.12.2011, 23:15 Uhr, WDR:
"Halbzeit - Vom Traum ins Leben"
Eine Dokumentation über die Entwicklung fünf hoffungsvoller BVB-Talente, die einstmals gemeinsam Deutscher Jugendmeister wurden.

P.S. Im Anhang ein bedeutendes Abbild von Andreas Gursky, der schon mal ein Foto für 3,3 Millionen Dollar verkaufen konnte!

Sonntag, 20. November 2011

Muse und Masse

Foto: Jabs

Ein bemerkenswerter Artikel von Nicola Kuhn (Tagesspiegel 19.11.2011). 
Wie viel Eventkultur braucht das Museums"geschäft" - und wie viel verträgt es?

Samstag, 19. November 2011

Alle geben ihre Meinung zum Thema "Quo vadis Prenzlauer Berg?" ab...

Foto: Jabs


Aus "Freitag #46/2011": 
Weiß der junge deutsche Literaturstar Jana Hensel Bescheid?

Wer hat überhaupt die Autorin und Ostkreuz-Fotografin Franziska Hauser bestochen?
http://www.berliner-zeitung.de/magazin/leben-in-berlin-mehr-schwaben-,10809156,11163890.html

P.S. Ich musste heute beim Brötchen holen erstaunt feststellen, dass beim Bäcker im Kiez als "Kaffee-Lektüre" nicht die Berliner oder der Tagesspiegel, sondern die Süddeutsche ausliegt...  



"Full Metal Village"

Foto: Jabs


Ein mehrfach preisgekrönter Dokumentarfilm, witzig und gleichsam wunderschön, über das Metal-Festival im so klassisch norddeutschen Wacken. 
Kuriose Typen - sowohl die Einheimischen als auch die Musikfans... 

So., 20.11.2001, 21:45 Uhr, 3SAT: "Full Metal Village"
http://www.zorrofilm.de/dl/fl/fmv/tr.php

Freitag, 18. November 2011

Flimmerkiste

Foto: Jabs


Man kann mal wieder fernsehen:

So., 20.11.2011, ARTE
- Filme von Werner Herzog (zurzeit mit seinem 3D-Film "Die Höhle der vergessenen Träume" im Kinoprogramm) -
20.15 Uhr "Fitzcarraldo",
22:45 Uhr "Mein liebster Feind"

Miloslav Kubes








Fotos: Miloslav Kubes


Photonews 11/2011 präsentiert eine sensationelle Entdeckung: 

Miloslav Kubes (1927-2008)! 
Wieder mal ein Amateur, dem in der Mitte des vorigen Jahrhunderts grandiose Aufnahmen gelangen (60er Jahre in der Tschechoslowakei), welche kaum in Ausstellungen zu sehen waren. Der tschechische Fotograf Daniel Sperl bewahrte diese, zufällig von ihm entdeckten, Zeitzeugnisse vorm Vergessen. 
Die hier gezeigten Motive habe ich zum Thema "Paare" gefunden. 

Wie uniform und seicht sind dagegen so viele gelackte Arbeiten der Absolventen der heutigen Kunsthochschulen. 

Friedrich Seidenstücker




 


alle Fotos: Friedrich Seidenstücker


Friedrich Seidenstücker:  Von Nilpferden und anderen Menschen (Fotografien 1925-1958)
Berlinische Galerie, Alte Jakobstraße 124-128, 10969 Berlin-Kreuzberg, bis 06.02.2012, Mi bis Mo, 10:00 bis 18:00 Uhr


Eine der wichtigsten Fotogalerien Berlins zeigt viele bekannte Aufnahmen des renommierten Dokumentaristen Friedrich Seidenstücker (1882-1966), zumeist Vintageabzüge verschiedener Sammlungen und fast immer im Format 13x18 cm. Die Kosten für die Präsentation (Initiative von Ulrich Domröse) belaufen sich auf 150000 €! 
Viele interessante und humorvolle Straßenbilder aus dem Berlin zwischen den beiden Weltkriegen belegen die Berlin-Liebe des Künstlers. Legendär ist die Serie der Pfützenspringerinnen von 1930. Das Bildnis der "Zwillinge Hilde und Helga Fischer" ist schier umwerfend! Aber auch die Härte des Lebens der armen Leute findet angemessenen Niederschlag. Der zeitlebens ledig gebliebene Seidenstücker beobachtete das schöne Geschlecht besonders aufmerksam! Fotos mit subtiler Erotik... Eine Sonderstellung nehmen die Akte ein, sind diese doch farbig. Da die Modelle arg posieren, kommt das ein bisschen verkrampft daher. Die Landschaftsaufnahmen aus dem Umland der Hauptstadt fand ich nicht so überzeugend, vortrefflich hingegen die berühmten Motive aus dem Zoo. Unbestritten sind sie der Höhepunkt der Schau. Hier spürt man seine Leidenschaft für die Tiere, wobei man doch einen Trend zur Vermenschlichung nicht bestreiten kann. Nebenbei erscheinen lustige Hinweise in den Gehegen wie: "Achtung böse" oder "Quäle nie ein Tier zum Scherz".  

Samstag, 12. November 2011

SIGUR RÓS "Inni"



Fotos: Jabs

Wenn der Vater mit dem Sohne... 
Ich war mal wieder mit meinem Erstgeborenen in einem Lichtspielhaus. 
Bei meinen vorangegangenen Kinoabenden verloren sich durchschnittlich handgezählte vier zahlende und traurige Gestalten vor einer Leinwand. 
Heute war 20 Minuten vor dem Anpfiff die Hütte rappelvoll... 
"Inni", der neue Musikfilm der grandiosen Band Sigur Rós stand auf dem Programm des Babylon-Mitte. 
Dieser Streifen ist eine einzige hymnische Feier der Musik des sympathischen und so angenehm uneitlen isländischen Quartetts. Es geht nur um ein monumentales Konzert, das unkonventionell, artifiziell dokumentiert wurde. Man sieht nicht so viel. Alles in schwarzweiß gedreht, aber diese Farben kommen gar nicht vor. Dafür schwelgt der Zuseher in verhuschtem hellgrau und dunkelgrau, sogar im gleißenden Gegenlicht der Bühnenscheinwerfer und im Dunkel des Hintergrundes... Als ich mich daran gewöhnt hatte, konnte endlich die Musik wirken. Der Kontrast zwischen den wabernden Bildern und der kristallklaren Musik eröffnet jedoch den Ohren unendlichen Genuss. Sphärische mystische, aber auch wahrlich mitreißende Klänge bringen Gefühle in opulenten Klangteppichen zum Schwingen. Ein Cellobogen malträtiert ja gemeinhin die Gitarre des Sängers Jónsi, es ist aber interessant, wenn er dann seine charismatische Falsettstimme durch den Tonabnehmer des Instruments klingen lässt. 
Zwischen wenigen Musikstücken werden Einspielfilmchen gezeigt. Irgendwie zusammenhanglose alte Videoaufnahmen der Gruppe, die sind zwar bunt, aber die Farben erscheinen genau so verwaschen wie das Schwarzweißmaterial. Einige Szenen sind nichtsdestotrotz sehr witzig. Z.B. antworten die Jungs auf eine Frage eines Radiomoderators einfach nicht oder sie werden beim nächtlichen Üben am Klavier zweimal aus der Pianobar eines Hotels geschmissen oder ein Fan antwortet auf die Frage, welchem Genre die Platten der Combo zuzurechnen sind mit: "Das ist Metal"...  
Natürlich ist die gewaltige Schlusseinstellung absoluter Höhepunkt eines fantastischen Hörgenusses. Hier scheppert es so richtig und auch optisch werden alle Register gezogen! 
Mir würde es noch besser gefallen, wenn man die Lautstärke hochregeln könnte... 

Nebenbei: Bei der vorangegangenen Filmpremiere von Sigur Rós in Berlin ("Heima") waren die Wunderknaben anwesend und spielten ein kleines fabelhaftes Konzert im Admiralspalast...     


Der Kommerz lässt grüßen: 
Sigur Rós präsentiert zeitgleich mit diesem Film verschiedene Editionen (CD, DVD, Vinyl, Blu-ray, Fotos) zu gepfefferten Preisen: http://www.sigur-ros.co.uk/ 

Donnerstag, 10. November 2011

Fotoausstellung Stefanie Ketzscher


Fotos: Stefanie Ketzscher

Galerie argus fotokunst, Marienstraße 26, Berlin-Mitte 
Di-Sa 14-18 Uhr, bis zum 23.12.2011

Stefanie Ketzscher: Umgehung und Sonnenwende 
Die hervorragende Galerie zeigt eine Ausstellung mit Schwarzweißfotos, die in den Jahren von 1972 bis 1984 in der Heimatstadt Stefanie Ketzschers aufgenommen wurden. In dieser Zeit ihres Studiums und der freiberuflichen Tätigkeit entstand auch ein Bilderbogen Leipzigs, bevor der Lebensweg der Künstlerin 1986 nach West-Berlin führte. 
Die präsentierten Arbeiten umfassen die Themen Akt, Stadt, Landschaft und Porträt (Kaufpreis 300-400 €). Einige Maler der Messemetropole saßen seinerzeit Modell. Sensibel abgebildetet kann man einfach Bäume in märkischer Landschaft betrachten. Die DDR atmet ihren Mief in Motiven maroder Leipziger Wohnhäuser tief aus. Glänzend sind die Gesichter von Oma und Opa. Wunderschön auch die Charaktere auf dem Rummelplatz, wobei die Abzüge doch ziemlich hart schwarzweiß erscheinen. Brillant gedruckt sind die Aufnahmen in einem Katalog, der die Bilderschau begleitet. Einige Motive sehen im angebotenen Fotobuch "Umgehung und Sonnenwende" nuancenreicher aus als in den Rahmen an den Wänden. Der argus-Galerist (und Tausendsassa) Norbert Bunge brachte diesen Bildband in einer Auflage von 150 Exemplaren und zum Preis von 25 € als eigene Edition heraus!      



Sonntag, 6. November 2011

Hildegard von Bingen-Laden in Prenzlau

Foto: Jabs

Prenzlauer Zeitung 22.9.2011

EISERN!

Foto: Jabs


"Wir haben beschlossen, unsere Seele zu verkaufen."
Ein Interview mit Union-Präsi Dirk Zingler über eine mutmaßlich bahnbrechende Entscheidung:
(Berliner Zeitung 5./6.11.2011)

Vor dem Spiel - der Text von Jörg Steinberg:
"Es war in den goldenen Zwanzigern, 
so erzählt die Legende, 
als in Zeiten eines ungleichen Kampfes ein Schlachtruf ertönte, 
ein Schlachtruf wie Donnerhall, 
der all jenen, 
so erzählt die Legende weiter, 
die ihn in diesem Augenblick zum ersten Mal hörten, 
DAS BLUT IN DEN ADERN ZUM SIEDEN BRACHTE. 
Niemand konnte damals ahnen, 
dass er Zeuge eines historischen Moments geworden ist. 
Noch heute, 
Jahrzehnte danach, 
in scheinbar aussichtslosen Kämpfen, 
erschallt er laut von den Rängen; 
wie damals, 
als der Durchhaltewillen der Schlosserjungs aus Oberschöneweide ins Unermessliche stieg.
Eine Legende nahm ihren Lauf, 
ein Mythos begann zu leben. 
Und er wird niemals, 
niemals vergessen: 

"Fotos kann man nicht erzwingen." (Arno Fischer)

Leonardo da Vinci "Mona Lisa"

Foto: Ute und Werner Mahler


Foto: Ute und Werner Mahler


Ute und Werner Mahler: "Monalisen der Vorstädte"
Galerie Dittrich & Schlechtriem, Tucholskystraße 38 Berlin-Mitte, Di-Sa 11-18 Uhr, bis 7.1.2012


Nach 40 Ehejahren realisierten die berühmten Ostkreuz-Fotografen Ute und Werner Mahler erstmalig ein gemeinsames Projekt. 
Das Paar, welches selbst im Speckgürtel Berlins (Oranienburg) lebt, porträtiert in den tristen Vorstädten europäischer Metropolen junge Mädchen an der Schwelle zum Erwachsenwerden. 
Makellos (auf Museo Silver Rag) gedruckte Prints beeindrucken den geneigten Betrachter mit detaillierten Grautönen. Auch in tiefen dunklen Bereichen (schwarze Pullover) erkennt man Zeichnung. Die Aufnahmen entstanden mit einer Großformatkamera. Riesige Werke (86x71 cm) kann man für 4000 € kaufen. Die präsentierten kleineren Bilder (40x50 cm) wirken stärker auf mich. Sehr schön finde ich die Motive, die das urbanen Umfeld aufzeigen, in dem die sogenannten Monalisen gefunden wurden. Hier empfinde ich die beabsichtigte rätselhafte Ausstrahlung der Fotos intensiver. Genau wie beim "Vor-Bild", der Ikone Leonardo da Vincis, reduzieren sich die Ansichten der Bildkünstler auf die Wechselwirkung von Gesicht, Hände und Umfeld. Die Antlitze erscheinen mir immer sehr hell. 
In der Galerie wird der, die Ausstellung begleitende, Katalog (für 49 €) angeboten. Im tipptopp gedruckten Buch gefallen mir die Fotos besser als die ausgestellten Originale, wohl weil mit wärmeren Papier gearbeitet wurde.         


http://www.ostkreuz.de/feature/724?category=13&fi=6

Donnerstag, 3. November 2011

"Vaterlandsverräter"

Foto: Jabs

http://vaterlandsverraeter.com/synopsis/

"Auch Verräter leiden" bekennt der "Vaterlandsverräter" Paul Gratzik in dem ordentlich beworbenen Dokumentarfilm von Annekatrin Hendel. 
Der Schriftsteller hat schwere Schuld auf sich geladen, er bespitzelte auch seine Freunde und Frauen. Und schrieb lausige Berichte, die nicht von einem vermeintlichen Jünger der Feder zu stammen scheinen. 
Natürlich will der Porträtierte nicht über seine üble Vergangenheit sprechen, das sagt er deutlich. Trotzdem gelingt es der Filmemacherin, Gratzik in seinem Dilemma zur kompromisslosen Mitarbeit zu verführen. 
Dabei hilft verständlicherweise das Geltungsbedürfnis eines Künstlers nicht nur ein bisschen. Manchmal habe ich das Gefühl, dass die Frau ihren Helden ein Stück weit vorführt. Deutlich wird mir das bei der Konfrontation mit seinen Kindern. Die jüngere Tochter begleitet er ein paar Minuten bei der Arbeit als Straßenbahnfahrerin. Sie hat ihren Erzeuger seit Jahren nicht getroffen. Die beiden haben sich nicht viel zu sagen. Noch ärger verhält es sich mit dem Sohn, den trifft er zum ersten Mal in seinem Leben. 
Warum arrangiert die Regisseurin diese Begegnungen? Alle Beteiligten leiden darunter und Paul Gratzik artikuliert das nachdrücklich. Vielleicht konnte so der Gag untergebracht werden, dass er dem Jungen einen Joint anbietet - den vorzüglichen Stoff kann der Vater auf seinem Feld ernten, weil er exquisiten Samen von Bundeswehrsoldaten aus Afghanistan mitgebracht bekam. Übrigens kennt er von seiner erstgeborenen Tochter nicht mal den Namen... 
Die zwanzigjährige Karriere als IM "Peter" beleuchtet u.a. sein Führungsoffizier. Eine unglaubliche Figur! Wenn das ein Schauspieler wäre, hätte ich gesagt, da wird aber deutlich zu fett aufgetragen. Aber der Mann ist authentisch. Genau so wird der typische Stasi-Mann wohl irgendwann karikiert werden. Das Äußere ist wie gemalt und er labert im schönsten Sächsisch all die typischen inhaltslosen Wortkaskaden dieser oft so mittelmäßigen Scheusale, vor denen wir uns seinerzeit so fürchteten. Stolz und dümmlich zynisch grinsend erklärt dieser DDR-Büttel, dass er den größten literarischen Erfolg Gratziks, den zweiten Roman "Transportpaule", gegen das Veto des Kulturministeriums erst ermöglichte. Als Dank für treue Dienste! 
Zuvor veröffentlichte der "schreibende Arbeiter" wohl mit Unterstützung der Volksschauspielerin Steffie Spira sein erstes Buch. Der Parvenü Gratzik lebte mit der 35 Jahre älteren Mimin zusammen - sie liebte es, dem Adonis im Schwimmbad lange und selig beim Springen vom 5m--Brett zuzusehen. Viele Frauen säumten den Lebensweg  eines Herzensbrechers. 
Die komplizierte, schillernde Biografie Paul Gratzik nahm eine jähe Wendung. 
Der etwas verklärte Kommunist konnte es nicht nachvollziehen, wie die Führung seines Vaterlandes sich immer mehr vom Volk entfernte. So kündigte er seine Stasi-Mitarbeit und wurde selbstredend zum Objekt der staatlichen Überwachung. 
Die Karriere stotterte. 
Heute stapeln sich Bände seiner unveröffentlichten Werke in seiner Behausung. Der einstige Schwerenöter lebt von Freunden und der Familie vergessen auf dem Lande. In einem Haus, dass den Zuschauer schon im Kinosaal bibbern lässt. Im Winter scheint man tagelang heizen zu müssen. Gratzik sitzt vorm Ofen, um den Temperaturen zu trotzen. 
Oder er steigt in den Keller, um dort eine Menge vom Selbstgebrannten zu trinken. Die Flasche ist nicht nur zur grimmigen Jahreszeit ständiger Begleiter. Natürlich ebenso Zigaretten. Fast unerklärlich erscheint, dass seine Bude, in der unverkleidete Strohballen als Dämmung fungieren, bei dieser unablässigen Qualmerei noch nicht abgebrannt ist. Das Domizil dieses widersprüchlichen Eremiten liegt auf dem Feld zwischen Beenz und Birkenhain, in meiner geliebten und kargen uckermärkischen Heimat. Was für ein beeindruckendes Bild, wenn die Kamera an einem nebligen Abend auf dem tief verschneite Gehöft in dieser Einsamkeit verharrt...
Anfang der 90er Jahre sah in auf diesem zum Teil verfallenen Hof mal ein Freilichttheaterstück des Berliner "Theater 89".
Welche Komik erlebt der Filmfreund in einer Szene am Sternhagener See: Paul Gratzik weist einen Dorfbengel an, ihn mit seinem Ruderboot ans Ufer zu ziehen, "damit ein Dichter sich nicht die Füße nass macht". Und der widerwillig hilfsbereite Jüngling zum besten gibt: "Sie können ja gar kein Schriftsteller sein, denn die deutschen Dichter sind doch alle tot!" Meine Mutter weiß zu berichten, dass sie den Künstler eine Zeit lang mit einem Hausschwein ("Susi") als  Begleiter durch Dorf und Wald spazieren sah, so wie andere Bürger Hunde ausführen (siehe auch: Octavia Winkler "Vom Leben  auf dem Lande", 9. Kapitel "Der Graf"). 
Die Sprache in dieser Dokumentation ist herzerfrischend natürlich. Auch wenn Gratzik unablässig "Scheiße" sagt, könnte ich ihm noch stundenlang zuhören. Seine Geschichten, mithin sein Leben ist so unterhaltsam! 
Wahrlich ein Glücksfall für jeden Filmemacher! Annekatrin Hendel hat sich durch eine langjährige Freundschaft diesen Stoff verdient. 
Das Werk ist witzig und temporeich. 
Nicht verstanden habe ich die eingestreuten Gemälde (von Leif Heanzo), sie bebildern lediglich 1:1 das gerade zuvor erzählte. 
Nichtsdestotrotz ist es außerordentlich interessant, dem mitunter lebensmüden, wohlstandsfernen, immer noch selbstverliebten, aber sympathischen Außenseiter zu erleben. 
Einige Lebenslügen bescheren Paul Gratzik Gewissensbisse, da er nach seinen Worten glaubt, "ein kleines Arschloch zu bleiben." 
Dieses Augenzwinkern trägt einen Kinoabend, der noch viel länger hätte sein können.            

Man sollte sich diesen Streifen auf keinen Fall entgehen lassen - nächste Woche läuft er u.a. im Berliner Babylon Mitte!

Ronald Reng

Foto: Pelle Rink


Ronald Reng beweist mal wieder, dass er der mit Abstand beste, über Fußball schreibende, Journalist ist (Berliner Zeitung, taz), den ich kenne.
Der Mann versteht was von diesem Sport, verfügt über wirkliches Hintergrundwissen (nicht nur bei seiner Heimmannschaft Barca) und kann mit der Muttersprache gut umgehen.
Damit hebt er sich von allen sonst so zu lesenden Berichten ab:  

Und er hat mit "Der Traumhüter" ein grandioses Fußballbuch geschaffen...

Gerd Danigel "Schöner unsere Paläste"


Fotos: Gerd Danigel


Eine Ausstellung richtig toll abgezogener Fotos (in jämmerlichen Rahmen) zum Bildband "Schöner unsere Paläste" von Gerd Danigel wird im Café Entweder Oder (Oderberger Str.15, Prenzlauer Berg) gezeigt. Ein Amateur porträtiert Berlin in großartiger Weise:
http://www.lehmstedt.de/danigel.htm